Nicht nur für die drei Tis, die sich das mit den Vornamen wohl schon lange und gut überlegt haben, sondern auch für alle angehenden GrundschullehrerInnen. Vorsicht vor Vorurteilen!

Vergleichende Studien wie PISA haben gezeigt, dass die soziale Herkunft ein wichtiger Faktor ist, ob Kinder gute Schulleistungen haben. Eine neue von Julia Kube durchgeführte Untersuchung der Arbeitsstelle für Kinderforschung an der Carl von Ossietzky Universität zeigt, dass die Ungleichheit der Bildungschancen schon mit dem Eintrag eines Vornamens für ein Kind ins Standesamtsregister beginnt. Denn bestimmte Vornamen rufen bei Lehrpersonen Vorurteile hervor. In einer Online-Fragebogenerhebung, bei der mittlerweile fast 2000 Grundschullehrerinnen und -lehrer anonymisiert teilgenommen haben, haben die in die genaue Auswertung genommenen 500 Fragebögen ergeben, dass die Mehrheit der Lehrerinnen und Lehrer mit Vornamen auch Vorannahmen zu Fähigkeiten und Verhalten der Kinder verbinden. Bestimmte Schülernamen werden von einem überwiegenden Anteil der Lehrpersonen eher negativ oder eher positiv wahrgenommen, sodass dies zu einseitigen Erwartungshaltungen führen kann. Bestimmte Vornamen zeigten hierbei besonders charakteristische Ergebnisse bezüglich der Einschätzungen durch die Lehrpersonen. Besonders der Name ‚Kevin’ stellt sich hierbei als stereotyper Vorname für einen ‚verhaltensauffälligen’ Schüler heraus. „Kevin ist kein Name, sondern eine Diagnose!“ heißt es in einem Fragebogen. In der Untersuchung konnte gezeigt werden, dass Lehrerinnen und Lehrer offensichtlich bestimmte Vorannahmen zu bestimmten Vornamen von Schülerinnen und Schülern haben. Bei bestimmten Vornamen wird eine bestimmte Erwartungshaltung bezüglich Verhaltensauffälligkeit, Leistungsstärke und Persönlichkeit des Kindes ausgelöst, die dazu beitragen kann, ihnen entweder positive oder negative Kompetenzen zuzuschreiben. Nur ein sehr geringer Anteil der Lehrpersonen zeigt eine kritische Distanz zu Vorannahmen basierend auf Vornamen oder hält gänzlich davon Abstand. Der größte Teil der Lehrpersonen assoziiert Persönlichkeitsmerkmale zu Vornamen ohne darüber zu reflektieren oder davon Abstand zu halten. Ein wichtiger Schritt ist es, Pädagoginnen und Pädagogen die Existenz von Vorurteilen und Vorannahmen zu Vornamen aufzuzeigen und die damit verbundenen möglichen Konsequenzen zu verdeutlichen, sowie eine vorurteilsbewusste Erziehung zu initiieren. Die Grundschullehrerinnen und -lehrer sollten hierbei auch für die Problematik der Vorurteilsbildung aufgrund von Vornamen sensibilisiert werden und mit den Grundsätzen einer vorurteilsbewussten Erziehung und Bildung vertraut werden.

Julia Kube (2009): Vornamensforschung:Fragebogenuntersuchung bei Lehrerinnen und Lehrern, ob Vorurteile bezüglich spezifischer Vornamen von Grundschülern und davon abgeleitete erwartete spezifische Persönlichkeitsmerkmale vorliegen. Masterarbeit an der Uni Oldenburg.

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